Über diesen Tweet bin ich aufmerksam gemacht worden, dass die Bundeswehr den Einsatz von Kampfdrohnen schon länger im Auge hat und das entsprechend auf Anfrage dem Bundestag so bestätigt worden ist.

Es handelt sich korrekterweise ausgedrückt um den Einsatz von zwei verschiedenen Varianten für die Bundeswehr: Dem Eurohawk, einer gigantischen Aufklärungsdrohne und dem Predator B – umgangssprachlich als Killerdrohne bezeichnet, die besondere Brisanz für den deutschen Bundestag bieten wird. Erkläre das auch gleich.

Der Eurohawk
Aufklärungsdrohne Eurohawk
Kommen wir zunächst zum „Fliegenden Auge“. Das bis dato größte, unbemannte Flugobjekt namens „Eurohawk“ – eine modifzierte Version der „Northrop Grumman RQ-4„-Drohne – dient der Aufklärung. Und kann in 20 KM Flughöhe operieren, knapp 6.000 KM weit fliegen und 24h in der Luft bleiben dabei. Obacht bei den Daten, wir wissen prinzipiell nie die exakten Daten, das beinhaltet militärische Angaben zur Reichweite, Flugmöglichkieten, Sensoriken und der Operationsmodi wie auch Aufklärungsfeinheiten.

Der Eurohawk kann von Piloten am Boden ferngesteuert werden, Betonung auf kann, denn der eigentliche, autonome Flugplan wird vor dem Flug festgelegt, so dass die Drohne vollautomatisch Operationen ausführt. Zitat:

Die Piloten für Start und Landung sind in der Regel in einer Bodenstation am Start- und Landeplatz lokalisiert. Der Pilot während der Mission kann auch in (weltweit) dislozierten Bodenstationen sitzen. Ausgestattet mit hochauflösenden CCD-Kameras für Tages- und Nachtsicht, die auch infrarotempfindlich sind, sowie mit allwettertauglichem Seitensichtradar, kann sie aus bis zu 20.000 Metern Flughöhe jedes Objekt erkennen. In Kombination mit ihrer langen Flugdauer kann sie innerhalb von 24 Stunden ein Gebiet von der Größe Griechenlands komplett aufklären.

Mit Hilfe dieses Systems können sämtliche Informationen aufgeklärt werden, die den Militärs relevant erscheinen: Kommunikationssignale, Radarsignale, Objekte jeglicher Art (Mensch, Maschine, Gebäude). Kostenpunkt für die Beschaffung und Betrieb dieses Systems (5 Eurohawks sind geordert) wird auf bis zu 1,3 Mrd Euro geschätzt.

Die Killerdrohne: Ausstattung, Operationsmodi und Waffensysteme
Kommen wir zum kritischen Objekt: Dem „Predator B„, das die deutsche Bundeswehr ebenso ins Auge gefasst hat. Diese Drohne klärt nicht nur auf, sondern kann mit Hilfe der an Bord befindlichen Waffensysteme Ziele am Boden oder in der Luft angreifen.
Predtaor

Das Gesamtsystem wird als „General Atomics MQ-9“ bezeichnet, Spitzname „Predator„. Man kann sich auch vorstellen, warum das System Predator heißt. Unsichtbar, unhörbar, schlägt der Predator mitten bei Nacht und Nebel zu. Gesteuert von einem Piloten, der 10.000 KM enfernt in einem kuscheligen Sitz, in einem Gebäude auf irgendeinem militärischen Gelände in Florida sitzt. Keine hübsche Vorstellung.
piloten

Schauen wir uns zur Visualisierung des Predators ein werbeartiges Videofilmchen an

Wie weit fliegt denn so ein „Predator-B“ und wozu das „B“?
Das B steht nicht für Beta, sondern es handelt sich bei dieser Kampfdrohne um eine weiterentwickelte Version (MQ-1). Was wurde denn weiterentwickelt? Traglast, Sensorik, Reichweite, Stabilität. Um es kurz zu machen. Natürlich auch die Kosten;) Die Militäts können den „Predator B“ 3.000 KM bei 300 KM/h und für 30 Stunden in der Luft halten.

Wie wertet der Predator B Signale aus?
Eine ordentlich lange Zeit in der Luft also. Um was zu tun? Um mit Hilfe der eingebauten Sensoren Bodenziele – auch Menschenziele – auszuspähen und wenn es sein muss auszuschalten. Allen voran dient dazu ein sogenanntes „Synthetic Aperture Radar„, der Hersteller General Atomics nennt das System „Lynx® Multi-mode Radar„. Mittels diesem Radarsystem ist der Predator in der Lage, in bis zu rund 100 KM Entfernung Ziele am Boden zu erkennen, inklusive beweglichen Zielen (erkennbar, sobald sie sich mit Gehschwindigkeit bewegen). Hierzu erzeugt das Radar anhand der Echosignale „Bilder“ – die für den Piloten maßgeblich wichtig sind – in einer Auflösung von 640×480 Pixel. Hierbei werden Objekte am Boden in einem Maßstab von 1:30cm bis 1:10cm aufgelöst. Die eigentliche Einsatzentfernung des Radars beträgt bei schlechten Wetter (Regen ab 4mm/h) je nach Modus 4-25 KM bzw. 7-30 KM. Der Bordcomputer legt die Bilder einzeln übereinander und vergleicht damit Veränderungen. In Echtzeit. Sprich, egal was für ein Wetter herrscht, egal welche Uhrzeit es ist, das System ist potentiell in der Lage auf große Entfernung Ziele auszumachen. Wer sich für Genaueres interessiert, kann sich das PDF vom Hersteller reinziehen: Lynx: A high-resolution synthetic aperture radar.

Weitere Sensoren? Der Hersteller spricht von „Electo-optic/Infrared (EO/IR)„, „Electronic Support Measures (ESM)“ und „Laser designators„. Was das heißt? Zitat zu der Einsatzreichweite eines visuellen Erkennungssystems „Camera system operational capabilities both EO and IR: Detect and classify a human target @ 10km or greater. Detect and classify a SUV style vehicle @ 20km or greater.“ (Quelle).

Man kann sich denken, wie die Systeme ineinandergreifen. Insofern man nur auf den Predator und dessen Daten zurückgreifen kann. Alleine die Frage der Auflösungsgenauigkeit und der Operationsmodi birgt erkennbare Entscheidungsrisiken vor Ort, wenn man auf Basis der Sensoren entscheiden muss, ob Waffen eingesetzt werden. Um was auszuschalten und wie?

Wie schaltet denn der Predator Ziele aus?
hellfire
Nun, das ist technisch gesehen einfach. Indem man eine Ladung Sprengstoff hochgehen lässt. Hierzu kann der Predator auf zwei unterschiedliche Waffensysteme zurückgreifen. Einmal auf die „AGM 114 Hellfire“ (Höllenfeuer ist ein bezeichnender Name). Diese Rakete fliegt rund 10 KM weit, erreicht eine Geschwindigkeit über 1 Mach und ist in der Lage – je nach Ausstattung des Gefechtskopfes, hier z.B. in der Variante „Metal Augmented Charge (MAC) Thermobaric Hellfire“ – selbst mehrere Räume hintereinander in Schutt und sprichwörtlich Asche zu legen. Zitat…um eine „thermobare” Waffe, bei der PBXN-112-Sprengstoff mit Aluminiumpulver umgeben ist. Bei der Explosion der Waffe wird das Pulver verteilt und brennt schnell ab. Dieses führt zu einem erhöhten Druck sowie einer längeren Druckwirkung. Die Waffe ist für den Einsatz in urbanen Regionen gedacht und soll hier in Gebäuden direkt mehrere Räume zerstören. Ab 2002 wurden 65 Sprengköpfe dieser Art gebaut. Seit 2005 wird dieser Modelltyp bei den US-amerikanischen Streitkräften gegen die Taliban eingesetzt„.

Eine weitere Variante kann ebenso mitgeführt werden, eine fliegende Bombe diesmal. Sie nennt sich GBU 44 Viper Strike. Die Haupteigenschaften dieser Waffe? Zitat: Neben der hohen Präzision soll auch der mit, je nach Quelle, zwischen einem und zwei Kilogramm schwere sehr kleine Sprengkopf (zum Vergleich: AGM-114 Hellfire 9 kg) Kollateralschäden verringern. Die Waffe weist zudem nur eine Länge von 0,9 m und ein Gewicht zwischen 19 und 20 kg auf, womit sie nicht einmal halb so schwer wie eine Hellfire ist. Dies ermöglicht entweder eine größere Anzahl Waffen mitzuführen oder aber deutlich kleinere Trägersysteme. Inzwischen wurde noch eine verbesserte Version entwickelt, welche zusätzlich über eine auf GPS basierende Steuerung verfügt. Die mögliche Reichweite steigt dadurch von weniger als einem Kilometer auf über fünf Kilometer. Zudem kann die Waffe so auch bei schlechtem Wetter eingesetzt werden, weil Laserstrahlen nicht in der Lage sind dichte Wolken zu durchdringen.

Ein Werbevideo dazu:

Probleme mit Killerdrohnen?
Nachdem wir uns etwas mit der Technik dieses Systems befasst haben – um zu verstehen, warum die Bundeswehrentscheider natürlich fasziniert davon sind, was Vorteile und Nutzungsmöglichkeiten angeht – befassen wir uns abschließend mit den menschlichen und politischen Aspekten. Wir können schon alleine anhand der technischen und menschlichen Restriktionen (Reichweite der Erfassung, Auflösung, Datenflut, Entscheidungsstress, Fog of War) sehen, dass der Einsatz von Kampfdrohnen viele Kunduze nach sich ziehen wird. Und auf der anderen Seite: Ist es vorstellbar, dass eines Tages Angela Merkel wie Obama auch jeden Dienstag am sog. Terror Tuesday eine Liste auszuschaltender Personen bekommen wird, die für – heute noch fiktiven – Opfer am Kölner und Berliner Bahnhof veranwtortlich gemacht werden? Undenkbar?

Hierz Zitat 1

Die USA setzen Drohnen unter anderem im Jemen, in Pakistan und in Afghanistan ein. In Afghanistan feuerten die Fluggeräte nach US-Angaben im letzten Jahr 506 Raketen ab. Nach Angaben der britischen Initiative Bureau of Investigative Journalism wurden allein in Pakistan durch den Angriff von US-Drohnen zwischen 475 und 891 Zivilisten getötet

Und Zitat 2, ich nenne es Kill-to-Noise Ratio:

Drohneneinsätze, bei denen immer wieder auch Unschuldige ums Leben kommen, tragen wesentlich dazu bei, dass dieser Wettkampf verloren zu gehen droht. Im Mai 2009 plädierte der ehemalige hochrangige Pentagon-Berater David Kilcullen vor dem US-Senat dafür, Drohneneinsätze ganz und gar zu beenden. Nach seinen Informationen hatte die Tötung von 14 Terroristen 700 Zivilisten das Leben gekostet. »Das macht 50 Zivilisten für jeden getöteten Militanten, eine Trefferquote von zwei Prozent.« Kilcullens Schlussfolgerung: Drohnenschläge schafften deutlich mehr Terroristen, als sie eliminierten.

Wer es gerne visueller haben möchte, auf US Art – „markig“ – kann sich dieses Video anschauen: „CIA Confidential: Inside The Drone War„. Interessant erscheint mir dabei die Argumentationsweise der Entscheider. Achtet mal darauf, abseits des ablenkenden hollywood-artigen Schnitts

Teil 2 und Teil 3 kan ich nicht finden.

Weitere Artikel zu dem Thema
– myBasti Blog: Warum wir tote Soldaten brauchen – Drohnen für die Bundeswehr
– SZ: Warum Merkel auf Kampfdrohnen setzt
– SZ: De Maizière verteidigt Anschaffungspläne für Kampfdrohnen
– Washington Post: CIA drone strikes will get pass in counterterrorism ‘playbook,’ officials say
– Aljazeera: UN launches probe into drone strikes

Blogger seit 2003. Technikaffin, neugierig, am technischen Wandel der Zeit interessiert, Anhänger und Skeptiker des Fortschrittsglaubens. Track Record meiner ex-Blogs: MEX-Blog 2003-2005 (Wirtschaftsblog), WoW-Blog 2005-2009 (Gamingblog), 321Blog 2007 (eBay), BasicThinking 2003-2009 (Tech&Startups). Aktive Blogs: RobertBasic.de seit 2009 und Buzzriders.com seit 2011.

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