Die Welt hat sich verändert. Eine pauschale 08/15-Aussage. Spätestens dann, wenn Opa erzählt, früher sei alles besser gewesen, verdrehen wir schmunzelnd die Augen. Wenn aber Opa meinen würde, dass früher alles einfacher gewesen sei, hätte er in dem Falle nicht ganz Unrecht. Schauen wir uns um und denken an früher, können wir eine zunehmende, technische Komplexität in zahlreichen Bereichen vorfinden. Kurzum: „Aus wenigen Schaltern mehr Schalter machen“. Drei einfache, visuelle Beispiele sollen das exemplarisch verdeutlichen, die den Unterschied zeigen, was sich in weniger als einem halben Jahrhundert verändert hat:

Freundschaften pflegen
Neuer Mercedes SL und alter 300 SL
Neuer und alter Fernseher

Menschliche Beziehung nur noch per Hotline-Support

Heute kannst Du nicht einfach so mit Freunden quatschen, Du musst in der Lage sein, virtuelle Freundschaftsnetzwerke wie Facebook zu bedienen. Früher schaute man sich an und sprach mit dem Mund, die Natur hat es uns einfach gemacht. Heute schauen wir uns Formularstraßen an und drücken dutzende Knöpfe, um mit einem Freund Kontakt aufzunehmen, bevor wir mit ihm sprechen können. Sämtliche, sozialen Kommunikationstechniken bedingen, dass wir uns mit den unterschiedlichsten Festnetz- und Mobilfunktelefoneinheiten auskennen (was heute wirklich nicht mehr trivial ist), dass wir uns mit unterschiedlichen Mail- und Chatprogrammen auskennen, die nicht selten mit einem wahren Bedienerfeuerwerk daherkommen, und es bedingt auch, dass wir uns mit Social Networks auskennen, die nochmals eine Ecke komplexer zu bedienen sind.

Fahren und Fernsehen bequem verkompliziert

Dieses Beispiel lässt sich beliebig auf den Verkehr übertragen. Heute setzen wir uns nicht einfach so in ein Auto. Wer heute einen modernen Wagen fahren will, wird Wochen benötigen, bis er sämtliche Funktionsschalter kennt, deren Positionen auswendig erlernt hat. Hinzukommen neuerdings moderne Computer zum Einsatz, die dem Fahrer Radio, TV, Straßennavigation, Bordinformationen und weitere Systemfunktionen anbieten. Was zuvor im Cockpit an Schaltermengen explodiert ist, setzt sich im Autocomputer fort.

Und Fernsehen war früher ein simples Ding. Einschalten, umschalten, schauen. Heute? Du kannst Kommentieren, Wühlen, Suchen, Sharen, Favorisieren, Liken und Schauen übrigens auch noch.

Möchtest Du einen Fahrschein kaufen? Früher konntest Du das im Zug erledigen, der freundliche Schaffner wusste wie. Heute kannst Du wählen: Willst Du eine Bahnkarte im Internet kaufen? Hast Du eine Bahncard? Möchtest Du erste oder zweite Klasse buchen, einen Sitzplatz am Fenster oder auch mit Tisch, fährst Du alleine oder als Gruppe, möchtest Du überweisen, mit Kreditkarte zahlen oder abbuchen? Oder zieh doch eine Karte an einem Ticketautomaten und warte, bis das arme Opfer vor Dir nach 10 Minuten endlich die 20 Buttons in der richtigen Reihenfolge gedrückt hat.

Was hat sich wirklich geändert?

Das Erstaunliche ist: Früher hatten die Menschen ohne technische Komplexität Freundschaften schließen können, kamen dennoch mit dem Auto oder Zug von A nach B, konnten auch damals Fernsehen schauen. Heute müssen wir mehr können, mehr lernen, mehr wissen, mehr verstehen, nur um letztlich das Gleiche, aber mit mehr technischen Aufwand zu erledigen. Ohne Zweifel, wir können mehr Kontakte pflegen, haben sicherere Autos, haben zugleich allerorten mehr Freiheitsgrade gewonnen, wie wir etwas tun und erledigen wollen.

Was wird sich ändern?

In der jetzigen Phase der technischen Entwicklung toben wir uns als Menschheit aus, lassen Techniken in unseren gesamten Alltag vordringen. Wir erfahren, wie wir mit den Techniken zunächst überhaupt umgehen. Es ist jedoch zu erwarten, dass wir die damit einhergehenden Unzulänglichkeiten steigender, technischer Komplexitäten hinsichtlich der sogenannten „Mensch-Maschine-Schnittstellen“ zunehmend vereinfachen werden. Und zwar dergestalt vereinfachen werden, dass die Maschinen-Schnittstellen natürlicher bedienbar sein werden. Firmen wie Apple aber auch viele andere gehen neue Wege, mittels Gesten- und Sprachsteuerung den Zugang zu Techniken zu vereinfachen. Unternehmen wie Microsoft und Daimler beschäftigen sich damit, wie man das Design der Techniken so gestalten kann, dass der Nutzer nicht mehr von der Anwendungsfunktionalität bestimmt wird („wenn ich X tun will, was muss ich wo drücken“), sondern wie das Zugangsprinzip umgekehrt wird („wenn ich X tun will, muss ich einfach loslegen“). Windows 8 wird neue Wege gehen, die althergebrachte Programm-Icon-Struktur dramatisch umzugestalten. Die herkömmliche Oberfläche wird verschwinden. Der Daimler/BMW/Audi/VW-PKW wird in weniger als 20 Jahren völlig neue Zugangswege bieten, die Knöpfe und komplexen, unnnatürlichen Schalter werden verschwinden.

Neue Wettbewerbsfaktoren und das Verlangen nach mehr Technik

Das Ausmaß der Komplexität in der Summe an Produkten, Funktionen und Mensch-Maschine-Schnittstellen hat einen Punkt im Alltag erreicht, der einen neuen Wettbewerbsfaktor in Spiel gebracht hat. Das Bedienkonzept von Techniken wird sich erneut in weniger als 50 Jahren dramatisch verändern. Wir Menschen werden natürlicher mit all den Möglichkeiten umgehen können, ohne Handbücher lesen zu müssen. Das bedingt im Umkehrschluss, dass wir Techniken nicht verdrängen werden, um zurück zu „Mutter Natur“ zu kommen. Wie es heute schon zunehmend zu vernehmen ist. Sondern? Wir werden noch weitaus mehr Techniken einsetzen wollen, die unser Leben noch freier, noch gemütlicher, noch einfacher gestalten. Für die Unternehmen heißt es nichts anderes, als in diesem Spiel um die besseren Produkte zu erlernen, wie man die technischen Zugangshürden für Konsumenten meistert und vereinfacht.

Wie fürchterlich das auf den Wettbewerb wirken kann, wenn es einem Unternehmen gelingt, Komplexität und Umfang in einem Produkt zu meistern, hat allen voran Apple gezeigt, eine gesamte Telekommunikationsindustrie vorzuführen. Das Grundprinzip heißt: „Mehr Technik = ja, mehr Umfang = ja, weniger Komplexität = ja“. Wir können auch zunehmend Tendenzen beobachten, wie Herstelle Geräte übergreifend dafür Sorge tragen wollen, dass Nutzer eine „unified experience“ empfinden. Egal, wo der Nutzer etwas macht und betrachtet, es ist gleichartig zu bedienen. Beispiel? An dieser Stelle verweise ich überraschenderweise (nicht wirklich) auf Microsoft, einer der wesentlichen Vorantreiber moderner Nutzertechniken in der gesamten Breite. Achtet ab 2012/2013 darauf, wie sehr sich die Nutzeroberflächen auf einem PC, Netbook, einem Smartphone und der Spielekonsole gleichen werden. Zu dieser neuen Art von Designprinzipien, die geräteübergreifend wirken und der Denke dahinter werde ich Euch in Folge etwas mehr erzählen.

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Gesprächsorte

Wo wird das Thema im Netz besprochen?
– Facebook: Bei Robert Basic
DerSchmitz & Bodenseegirl macht sich Sorgen, wenn wir mittels Gedanken unseren Geldbeutel leeren :)

Fotos

Bildquellen zu
Die zwei Freunde“ von __olga__
Das alte 300 SL Cockpit“ von downhilldom1984
Der alte Fernseher“ von OlfPhotoBook

Blogger seit 2003. Technikaffin, neugierig, am technischen Wandel der Zeit interessiert, Anhänger und Skeptiker des Fortschrittsglaubens. Track Record meiner ex-Blogs: MEX-Blog 2003-2005 (Wirtschaftsblog), WoW-Blog 2005-2009 (Gamingblog), 321Blog 2007 (eBay), BasicThinking 2003-2009 (Tech&Startups). Aktive Blogs: RobertBasic.de seit 2009 und Buzzriders.com seit 2011.

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