Unser sportlicher Autofahrer ist gestresst und eilt zum nächsten Termin. Natürlich fährt er schneller als erlaubt und ist auch noch während der Fahrt mit Telefonieren abgelenkt. Was dann folgt ist klar: Eine liebe Omi geht über den Zebrastreifen, er reagiert zu spät, weicht gerade so noch aus und knallt gegen einen Baum. Tot. All die schönen Sicherheitssysteme konnten ihm nicht helfen, die Grenzen der Fahrphysik zu überwinden. Spulen wir das Szenario kurz zurück und ergänzen es um neuartige Sicherheitssysteme.

Die meisten Assistenzsysteme der PKWs befassen sich weniger mit dem Fahrer, sondern mit der Fahrsituation. ABS, ESP, Tempomat, Abstandshalter, Parkassistent, Totwinkelwarner, Spurhaltesystem, Bremsassistent, und und und. Baum, Knall, tot. Wir erinnern uns:)

Biometrische Sensoren
Was wäre aber, wenn man sich mit dem Fahrer selbst befasst? Was, wenn die Sensoren nicht nur nach außen, sondern auch nach innen zum Fahrer ausgerichtet werden? Welche Informationen ließen sich denn auswerten? Anbei ein Beispiel aus der Autoindustrie seitens Ford. Die Chart verdeutlich schon ziemlich präzise, in welche Richtung die Automobilhersteller marschieren. Und es wird womöglich dem einen oder anderen nicht unbedingt nur gefallen
Ford Lenkradsensoren
Ford Lenkradsensoren

Was wird gemessen?
– die Hauttemperatur ink. Gesichtstemeperatur
– die Atemfrequenz (über den Gurt)
– der Puls

Wozu?
Eine der simpelsten Anwendungen wäre die Regulierung der Klimaanlage in Abhängigkeit des aktuellen Zustands des Fahrers. Man spart sich den Griff zur Klimaanlage. Ok. Easy. Desweiteren könnte der Fahrer je nach Stress-Level daran gehindert werden, Anrufe entgegenzunehmen, um nicht im entscheidenden Moment abgelenkt zu werden. Die Fahrzeugsysteme könnten proaktiver mitsteuern, um das Fahrzeug sicherer von A nach B zu bringen. Die Drehzahl des Motors könnte begrenzt werden, um aggressive Zustände des Fahrers zu kompensieren. HB-Männchen im Auto und das Auto bockt? Na klar, wenn es Leben rettet, warum nicht. Ich sagte ja bereits, es dürfte nicht jedem gefallen, dass ein System entscheidet, wie das Auto zu fahren ist:) Natürlich wird ein Hersteller wie Ford den Autofahrer nicht versuchen zu bevormunden. Doch es zeigt schon einmal die Potentiale, die sich bei einer Überwachung des Fahrers eröffnen. Dazu zählen natürlich gekoppelte Fahrmanöver, wenn der Fahrer eine Herzattacke erleidet und/oder bewusstlos wird. Was gerade bei Senioren ein Zusatzplus an Sicherheit bedeutet.

Dieses System gibt es so noch nicht in der Praxis. Es befindet sich im Forschungsstadium und konkrete Lösungsansätze, die sich daraus ableiten, sind natürlich reine Theorie. Ebenso die ersten Ansätze von Ford, medizinische Anwendungsszenarien zu erforschen. Wie das? Ihr habt womöglich von „Quantify Yourself“ gehört? Und Ihr glaubt, dass dies nur eine Spielerei sei? Weit gefehlt. Im medizinischen Bereich wird das zu erheblichen Änderungen führen. Aber das vertiefen wir jetzt nicht. Sondern verweisen lediglich darauf, dass Ford diesen Trend nicht ignorieren wird.

Wir wollten doch unseren Stressfahrer retten? Richtig! Das System ist schon längst vorgewarnt, die Atmung ist viel zu schnell, der Puls viel zu hoch, der Fahrer telefoniert auch noch (was dem Computersystem nicht entgeht). Und bevor der Fahrer überhaupt in die gefährliche Situation kommt, hat das Bremssystem an der Orseinfahrt den Wagen auf das 30er Speedlimit abgebremst, schneller als es der Fahrer beim leichten Bremsen eingefordert hat. Omi geht über den Zebrastreifen, telefonierender Fahrer sieht das wie zuvor viel zu spät, aber das Bremssystem ist aufgrund des Stresslevels vorgewarnt und unterstützt den Bremseingriff noch viel stärker, die Drehzahl wird heruntergefahren, der Gurt vorgespannt. Kein Problem. Der Wagen bleibt 5 Meter vor dem Ziel stehen. Der Baum bleibt unbeschädigt, Oma bekommt nur einen ganz leichten Schreck. Der Stressfahrer hat sein Aha-Erlebnis. Und die unsichtbaren Schutzengel-Systeme lächeln still dahin.

Blogger seit 2003. Technikaffin, neugierig, am technischen Wandel der Zeit interessiert, Anhänger und Skeptiker des Fortschrittsglaubens. Track Record meiner ex-Blogs: MEX-Blog 2003-2005 (Wirtschaftsblog), WoW-Blog 2005-2009 (Gamingblog), 321Blog 2007 (eBay), BasicThinking 2003-2009 (Tech&Startups). Aktive Blogs: RobertBasic.de seit 2009 und Buzzriders.com seit 2011.

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