Einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren Deutschlands ist zweifellos die Automobilindustrie. Um das zu verstehen, muss man keinen absonderlichen Zahlenfetisch haben:
Die Automobilindustrie ist, gemessen am Umsatz, der mit Abstand bedeutendste Industriezweig Deutschlands. Im Jahr 2008 wurden 345,9 Mrd. € erwirtschaftet. Die nächst umsatzstärkste Branche, der Maschinenbau, brachte es auf 225,5 Mrd. €. Rund 747.000 Personen waren 2009 in der Automobilindustrie hierzulande beschäftigt. Die Branche steuert mit rund 40 % den deutlich größten Anteil an den gesamten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der deutschen Wirtschaft bei. Dies waren im Jahr 2009 ca. 22,1 Mrd. €. Ihr Exportüberschuss macht weit über die Hälfte des gesamten Exportüberschusses Deutschlands aus.
Wird sich das dauerhaft angesichts wachsender Instabilitäten auf dem europäischen Markt verändern? Was tun die Autohersteller dagegen, dass die langfristige Krise auf dem europäischen Absatzmarkt nicht durchschlägt? Schauen wir uns dazu die Zahlen der drei Premiumanbieter an, da sich diese in einem sehr ähnlichen Wettbewerbsumfeld auf der Jagd nach prestigeträchtigen Kunden (im Privat- und Firmenumfeld) bewegen.
Wir sprechen natürlich von Audi (VW Konzerntochter), BMW und Daimler. Mehr als diese drei genannten Automobilhersteller haben wir in Deutschland nicht. Ford und Opel sind schließlich US-Unternehmen, auch wenn sie in D Produktions- und Entwicklungsstandorte haben.
Ich habe Euch hierzu eine Chart zusammengestellt, die für das Halbjahr 2013 die aktuellen Absatzdaten der drei Premiums abbildet. Unterteilt nach Absatzmärkten.
1. Alle drei Anbieter haben es trotz einem deutlichen, negativen Rutsch in D und Europa geschafft, über einen Mehrverkauf auf anderen Regionalmärkten zu punkten.
2. Daimler hat in D am wenigsten leiden müssen. Immerhin sind rund 150 Mio Euro Umsatz Daimler flöten gegangen. Schlimmer hat es Audi und BMW erwischt, die zusammen rund 16.000 Einheiten weniger verkaufen konnten. Was rund 500 Mio Euro Umsatzeinbruch bedeutet. Haben oder nicht haben.
3. In Europa haben Audi und BMW leicht Federn lassen müssen, obwohl das gesamteuropäische Umfeld nicht bestens geeignet erscheint, sich hier auf Dauer auf dem Niveau behaupten zu können. Nur Daimler konnte um rund 4% zulegen. So oder so ist Europa für alle drei nach wie vor ein wichtiger Absatzmarkt und damit ein großer Risikofaktor, sollte der euorpäische Raum weiterhin derart wackeln (hohe Staatschulden, extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit, alternde und schrumpfende Bevölkerung, Niedergang wichtiger Industriesektoren, gesättigte Märkte). Dem Risiko gilt es zu begegnen und seine Absatzmärkte weiterhin zu umzuschichten. Sprich, auf alten Märkten Niveau halten, auf wachsenden Märkten expandieren.
Nach kumulativ verkauften Einheiten
Europa 1.148.000
Asien 721.000
Nach wichtigen Absatzmärkten
China 510.000
D 391.000
USA 389.000
4. Wie man an der Veränderung der Absatzanteile in der Chart wunderbar sehen kann, legen die Autofirmen einen gesteigerten Wert darauf, sich auf anderen Regionalmärkten auszubreiten. Allen voran steht der asiatische Kontinent als womöglich dominierende Wohlstandssphäre des 21. Jahrhunderts im Kernfokus. Ihr werdet den Begriff „BRIC“ noch häufiger hören, nicht nur im Autoumfeld. Die Sprache ist von Brasilien, Russland, Indien und China. Die als potentiell wachstumsstärkste Regionen identifiziert wurden. China ist heute schon für Audi, BMW und Daimler ein extrem wichtiger Absatzmarkt geworden, noch vor den USA und Deutschland (Deutschland entwickelt sich zum Absatzmarkt Nr. 3). Indien steht erst am Beginn einer großen Entwicklung. Wo Wohlstand da Prestigeautos. Wie gesagt, die Premiums folgen dem Geld. Was wir nicht wissen ist, wie stabil die Entwicklung des asiatischen Raum voranschreitet. Indien wird zwar China von der Bevölkerung her locker einholen und überholen, so dass heute schon beide Länder Konkurrenten auf dem asiatischen Markt mit potentiell gigantischen Binnenmärkten sind, um sich aus eigener Kraft emporzuschwingen. Doch niemand sagt, dass der mögliche Hemisphärenwechsel vom bisherigen Hegemon USA und Europa ohne Konflikte vonstatten gehen wird.
5. Was bis dato extrem auffällt? Kein anderer Automobilhersteller kommt auf markante Absatzdaten auf globaler Ebene im Premiumsegment. Wir können nur vermuten, dass es die Schwäche der Konkurrenten ist oder die Stärke der Big Three, die sich knallhart bekämpfen. Wettbewerb macht Beine!
6. Dazu gehört es auch, dass anno 2012 der Daimler-Chef Zetzsche angekündigt hatte, die Premiumkrone wieder zu erobern und bis 2020 führender Premiumanbieter zu werden. Rein von den Absatzdaten her nehmen jedoch BMW und Audi immer schneller Pace denn Daimler auf und vergrößern den Abstand. Speziell auf dem chinesischen Absatzmarkt – dem wichtigsten der Zukunft – hat Daimler erneut eine empfindliche Klatsche kassiert. Die Probleme sollen dort hausgemacht sein, da man lange Zeit mit zwei unterschiedlichen Vertriebsstrukturen aufwartete, im Gegensatz zu Audi und BMW. Ob es das alleine ist, weiß ich nicht. Doch das muss nicht allzu viele Sorgen bereiten, dass Daimler eines Tages gefrustet aussteigt. Schwaben sind nicht fürs Aufgeben bekannt.
7. Was ebenso auffällt ist, dass Audis Umsatzrendite Dank der VW Konzernwirkung am höchsten ausfällt. Kein Wunder, können wir doch davon ausgehen, dass im Mutterkonzern die extrem teure Motoren- und Plattformentwicklung von VW, Audi, Seat, Porsche und Skoda gemeinsam gestemmt wird. Das dürfte auf Dauer BMW und Daimler Kopfzerbrechen bereiten, denn Kapitalkraft gewinnt auf Dauer immer. Oder liegt es nur am Traumduo Piech und Winterkorn, die begnadeten Autobauer und Köpfe des VW Konzerns? Allzu lange werden sie nicht mehr an Bord sein. Ob VW dann immer noch so klug die einzelnen Marken auf den Märkten ausspielt und die Konzernentwicklung so organisiert weitergetrieben wird?
Fazit? Ihr könnt an den Zahlen erkennen, dass die Herausforderungen da sind, speziell eine Antwort auf Europas Flatline zu finden, doch sie meistern es bis dato hervorragend. Was Deutschlands Wirtschaft und Arbeitsplatzaussichten gesamtheitlich nicht schaden wird.