Den Begriff „Generation Tastatur“ hat Oliver Gürtler auf dem Windows 8 Launch in Berlin während seiner Präsentation geprägt. Sie käme mit dem neuen Betriebssystem klar.

Was er damit meinte? Obwohl das neue System klipp und klar auf die Nutzer von berührunsgempfindlichen Tablets abhebt, was das Aussehen der Bedieneroberfläche angeht, käme die Tastaturmenschheit klar damit? Sämtliche Finger-Steuerungskommandos sind mittels Tastatur und Maus ebenso zu erreichen. Damit könnte er – Gürtler – recht haben, denn in der Tat gewöhnt man sich extrem schnell an die neue Bedienform, ob mit Fingergesten, Tastaturkommandos oder eben der allseits geliebten Maussteuerung.

Kein Touch – Kein Spaß?
Was ist aber mit den vielen Unkenrufen, das System sei eben nichts für PC Besitzer, die keinen Touchscreen haben? Dieser komische Wechsel zwischen W8 und W7 Ansichten, also dem Wechsel zwischen einer bildschirmfüllenden App-Ansicht ohne altbekannte Folter-Menueleiste und einer klassischen Ansicht mittels 1.000 Funktionsleistenmenues und Fenster-Zooming Buttons? Sorry, aber das ist nur eine böse Idee der alternden Programmiererkaste und masochistisch veranlagter Nutzer. Die nicht mit der Zeit gehend wollenden Programmierer meinen, dass man dem Nutzer unbedingt alle möglichen Menues und Icons in die Fresse klatschen muss, um die Großartigkeit des geschaffenen Werkes zu vermitteln. Das war und bleibt absoluter Blödsinn für die allermeisten Nutzer, die weniger als 5% aller Funktionen brauchten und brauchen werden. Und die Vollprofinutzer werden selbstverständlich ihre aufgeblasenen Programmmenues behalten dürfen (say Adobe Photoshop).

Windows 8

Reicht nicht Windows 7, muss man denn wechseln? Natürlich reicht auch Windows 7 mit der Bedienerphilosophie aus dem letzten Jahrhundert. Wer eben ein mit der Zeit alterndes Betriebssystem nutzt, kennt und ohne Macken damit gut fährt, wird ja nicht gezwungen zu wechseln. Und wenn doch, dann wird derjenige feststellen, dass Windows 8 nicht minder ein modernes Betriebssystem ist. Es kann mindestens das, was Windows 7 auch gut kann und Einiges eben mehr.

Mami, wo ist die Besenkammer?
Was hat es aber damit auf sich, dass das berühmte Startmenue nicht mehr so wie gewohnt von Haus aus existiert? Es wurde und wird immer wieder darauf herumgeritten. Was soll schon damit sein?

Ich kenne genügend W7-Nutzer, die es bisher geschafft haben, sich ein Winz-Icon auf den Desktop zu ziehen, um das Programm bzw. Dokument schneller aufzurufen. Sie haben damit nichts anderes imitiert, was auch Windows 8 imitiert. Abkürzungswege zu ermöglichen. Und bei Windows 8 ist das Winz-Icon eben kein Winz-Icon mehr, sondern ein großes Icon, wir nennen es Kachel, Metro (darf man nicht mehr aus Rechtsgründen) oder fachlich „Modern UI„. Und es ist in W8 ein verdammt lebendiges Icon geworden, wenn es sein muss, indem es dynamisch Inhalte anzeigen kann (z.B. die letzten Mails). Keine tote Winzkachel mehr wie bisher.

Windows 8

Auch das werden unsere ach so „armen DAUs“ auch noch hinbekommen, sich die altbekannten Abkürzungen für Programmaufrufe zu schaffen, ob auf W7 oder auf W8. Ach ja, das Startmenue. Ebenso werden sie es schaffen, die verfügbare Programmübersicht über eine mehr als idiotensichere Eingabe aufzurufen. Ja doch, es gibt ein normales Startmenue, nur anders eingepackt, nicht mehr so potthässlich! Es nennt sich sogar auch Übersicht. Lasst Euch doch von meckernden Bloggern und IT Journalisten keinen Bären aufbinden. Nur weil die krampfhaft auch Kritisches suchen müssen, heißt das noch lange nicht, dass der User Leidensträger statt Nutzungsträger wird.

Fazit
Ihr seht schon, ich bin kein Anhänger von Windows 8, noch Windows 7. Hä? Ich bin ein Anhänger moderner Konzepte und kein Anhänger altertümlicher Schreiberlinge. Aber dann bin ich doch auch ein Anhänger von Windows 8? Mit der Reihenfolge gesehen – erst das Konzept dann das Ergebnis – „ja“! Klar! Es ist ein verdammt modernes System, das mit der Zeit gegangen ist.

Windows 8

Unsere Welt wird in den nächsten Jahrzehnten die Technik in den Hintergrund verschwinden lassen. Computer werden uns überall umgeben. Doch die Interfaces werden nicht mehr die Technik, das Programm und dessen Programmmenues in den Vordergrund stellen, sondern das, wer die Technik nutzt und wozu er es schnell und einfach braucht: Den Menschen. Ob wir den Monitor an der Waschmaschine habe, an der Tür, der Wand, im Auto, auf dem Schreibtisch, wo auch immer. Wir brauchen einfache, wiedererkennbare Bedienkonzepte. Keine 20 Milliarden unterschiedlichen Konzepte.

Genau das ist Windows 8. Ein real gewordener Vorläufer dieses Gedankens, und das auch noch ein massivst auf den Markt drängender Vorläufer dieses Gedankens. Weg mit den vielen Menues, weg mit der Lobpreisung der Technik der Technik wegen. Her mit lebendigeren, persönlicheren Inhalten, her mit einfacher zu bedienenden Produkten, die ihre Komplexität verstecken. Immerhin reden wir nicht von einem unverständlichen Linux-OS von Profis für Vollprofis. Sondern von Normalos und Nutzern wie uns. Wir sind im Vordergrund, nicht die Maschine!

Und eines muss man Microsoft lassen: Sie pusten ein System raus, das einen radikalen Schnitt darstellt. Mutig und innovativ das ist. Meiner Meinung nach – wie oben geschildert – in einer künftig vernetzten, mit Computerintelligenz durchsetzten Welt ist das genau der richtige Weg. Ob sich Microsoft aufmacht, die anstehende Welt des „Internet of Things“ ebenso zu erobern wie einst die PC-Welt?

Mit dem einheitlichen Bedienansatz haben sie gute Karten. Ob es für uns gut ist? Na, aber langsam mit den Pferden! Mit den Konkurrenten Google und Apple haben sie diesmal prima Wettbewerber, die sich in der maschinellen Realwelt ebenso gut bewegen und verstehen. Apple ist nicht mehr der Loser mit dem damals allzu kurzfristig denkenden Steve Jobs. Google ist nicht minder brandgefährlich und aggressiv. Für uns Konsumenten ist das ein Idealzustand. Drei dicke, fette Wettbewerber die sich gegenseitig anfeuern, um uns zu beglücken. Besser gehts nicht.

Blogger seit 2003. Technikaffin, neugierig, am technischen Wandel der Zeit interessiert, Anhänger und Skeptiker des Fortschrittsglaubens. Track Record meiner ex-Blogs: MEX-Blog 2003-2005 (Wirtschaftsblog), WoW-Blog 2005-2009 (Gamingblog), 321Blog 2007 (eBay), BasicThinking 2003-2009 (Tech&Startups). Aktive Blogs: RobertBasic.de seit 2009 und Buzzriders.com seit 2011.

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