Während der US Automesse traf ich Fords Chefdesigner J. Mays („Group Vice President of Global Design and Chief Creative Officer at Ford Motor Company“). Er gehört zu einem der maßgeblichen Autodesigner weltweit. Und er traf eine sehr spannende Aussage:

Consumers today look for good – great – design. They are eager to express themselves and display their individuality through the products they purchase and the companies they favor. What is unique to our time is the convergence of what is considered great design: consumers share information across the globe at an incredible speed through social media and other channels. Obviously there are also differences from one market to the other. The challenge is being able to design a product that is appreciated at the global level but also resonates with the local customers, providing them that unique sense of ownership.

mustang
Würde dieses Modell eines alten Ford Mustangs heute im globalen Netz nicht viel eher weltweit Anklang finden? Ich wette ja! Warum aber? Überlegen wir uns dazu einige Sachen.

Die Aussage von Mays ist in mehrfacher Hinsicht sehr spannend. Sie spiegelt letztlich das wider, was wir schon lange als Mensch erfahren: Wir werden von den Umwelteindrücken beeinflusst, die uns tagtäglich umgeben. Speziell bei der Formensprache. So ergab ein anderes Gespräch mit einem Designer von Skoda ein ähnliches Muster. Früher hätten die Autos Pferdekutschen geähnelt. Weil das exakt das Bewegungsmittel Nr. 1 und bestimmend populär war. Später folgte man dem Designtrend aus der Schiff- und Luftfahrt. Die Autos spiegelten erneut angesagte Trends und Formensprachen.

Abstrahiert? Wir lassen uns von dem beeinflussen, was wir sehen und mit dem wir täglich interagieren. Wir lassen uns von den Reaktionen Dritter beeinflussen. Und das vehement! Wenn Dir jeder beibringt, dass Händeschütteln „state of the Art“-Begrüßungsformen sind, wirst Du es imitieren. Niemand sagt, dass es so sein muss, aber so ticken wir Menschen eben Dritte zu imitieren. Wir verständigen uns „automatisch“ auf gemeinsame, soziale Standards. Halten wird das kurz als Zwischenergebnis fest. Und abstrahieren das weiter!

Ich finde und fand die Erkenntnis, dass wir dank der digitalen Vernetzung schneller als je zuvor Ideen, Vorstellungen, Werte aus unsere lokalen Umgebung in die weite Welt hinaustragen, immens spannend. Es bedeutet nichts anderes, als das Angleichen von dem Bild unserer Welt. Das hat weitreichende Konsequenzen, nicht nur im Automobilbau.

Es bedeutet auch, dass wir den kulturellen Austausch globalisieren. Wir werden womöglich über eine gemeinsamere „Vermittlungs“-Sprache noch schneller zusammenfinden. Obgleich die eigentlichen gesprochenen Sprachen aus höchst unterschiedlichen Wörtern bestehen. Das macht nichts. Denn, vermittelte Sprache bestimmt unser Sein und umgekehrt. Sie spiegelt eindeutig das wider, wo wir aufwachsen (wir nennen es salopp „Dialekt“). Bis dato wuchsen wir bis ins 20. Jahrhundert im Lokalen auf. Das bestimmte unser Sein und unsere Sprache. Was meine ich aber mit vermittelte Sprache? Heute wachsen wir nicht mehr nur im Lokalen auf, sondern im Netz. Zahlreiche Ideen, Eindrücke, Sprachkontexte prasseln auf uns ein. Häufig werden diese Eindrücke durch eine gemeinsame Plattform wie Facebook (oder andere Social Networks), Foren, YouTube, Mailings, Twitter, selbst Google vermittelt. Die rein formal gesehen, die Sinnesvermittlung vereinheitlichen (über die Art und Weise, wie Informationen im Browser dargestellt werden). Und immer dann, wenn wir einheitliche Eindrücke haben, bilden wir eine gemeinsame Gruppe. Aus Kölnern und Hamburgern und deren Dialekten und Verhaltensstandards (der kecke Kölner und der unterkühlte Hamburger sind keine Zufallsschubladen) wird was? Ein Netzvolk mit schwächeren, lokalen Bezügen? Mit einem gemeinsamen Sprachenverständnis, als Ausdruck von Wertevorstellungen, Sinneseindrücken, Designformen und Kontexten? Was im Lokalen stets gewirkt und funktioniert hat, unser Verhalten maßgeblich beeinflusst hat, wird auch in erweiterten Umgebungen prinzipiell wirken.

Das hat – nochmals – drastische Auswirkungen nicht nur auf die Automobilindustrie, sondern auf die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft. Wer diese Trends besser zu lesen und zu deuten versteht – machen wir uns nichts vor, wie schwer das ist – der wird im wirtschaftlichen Bereich einen drastischen Vorteil haben. Selbst auf der Ebene von Nationen wird es womöglioch eine alles entscheidende Frage sein, welche Nation ihre Ideen auf der globalen Bühne besser vermittelt. Ob es Ideen und Werte sind, oder die länderspezifischen Produkte im Sinne eines „Made in Germany“-Images oder politische Ideen, wie wir zusammenleben wollen.

Designer erfassen auf fast schon mystische Art die Trends der Zukunft. Wenn es schon Designer merken, stehen wir schon am Beginn einer neuen Ära, einer globalen Welt, die nicht nur durch banale Mobilität und Kommunikation auf globaler Ebene bestimmt wird, sondern uns langsam aber sicher bestimmt.

Blogger seit 2003. Technikaffin, neugierig, am technischen Wandel der Zeit interessiert, Anhänger und Skeptiker des Fortschrittsglaubens. Track Record meiner ex-Blogs: MEX-Blog 2003-2005 (Wirtschaftsblog), WoW-Blog 2005-2009 (Gamingblog), 321Blog 2007 (eBay), BasicThinking 2003-2009 (Tech&Startups). Aktive Blogs: RobertBasic.de seit 2009 und Buzzriders.com seit 2011.

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