Schon im 19. Jahrhundert in Deutschland populär, wurde das geflügelte Wort „der letzte Mohikaner“ für viele letztüberlebende Zeitzeugen oder Anhänger einer Idee sprichwörtlich. (Wikipedia)

So wie es aussieht -betrachtet man den Fortschritt der technologischen Entwicklung-, wird sich der klassische Mensch noch in diesem Jahrhundert von der Bühne der rein biologisch entwickelnden Wesen verabschieden. Ob schon unsere Kinder oder erst unsere Enkel und Urenkel zu dieser letzten Generation gehören werden, ist unerheblich. Wir werden durch zwei neue Klassen Mensch ersetzt. Die der biologisch designten Menschen und die der maschinell getunten Menschen. Nicht auszuschließen, dass es Naturvölker geben wird, die sich der Entwicklung entgegenstemmen. Die aber aufgrund ihrer Nachteile zu einer aussterbenden Art gehören werden. Aber es wird definitiv noch weitaus bunter als heute, was die Vielfalt Mensch angeht. Das dürfte klar sein.

Barcamp Hamburg 13

Auf dem Barcamp Hamburg hatte ich zusammen mit den Teilnehmern die möglichen Trends und Auswirkungen besprochen. Festzuhalten sind zwei wesentliche Strömungen: Einmal die erheblichen Fortschritte im medizinischen Sektor, angefangen beim sogenannten „Genetic Engineering“ (Als Gentechnik bezeichnet man Methoden und Verfahren der Biotechnologie, die auf den Kenntnissen der Molekularbiologie und Genetik aufbauen und gezielte Eingriffe in das Erbgut (Genom) und damit in die biochemischen Steuerungsvorgänge von Lebewesen bzw. viraler Genome ermöglichen) bis hin zum Bereich des Bioengineerings, wo es um Fragen von intelligenten, mit dem Körper vernetzten Implantaten geht.

Der Bereich bietet dermaßen große Potentiale, dass eine Beschränkung auf rein medizinische Nutzung naiv erscheint. Zu groß erscheint der potentielle Nachfragermarkt, um lediglich kranken Menschen zu helfen. Das zeigen bereits kleinste Randgruppen, die sich mit dem Thema BioHacking ausprobieren. Der Fokus kann einerseits auf eben besagter Genetik liegen oder es geht tatsächlich um Implantattests am eigenen Körper, um simple Dinge wie elektronische Türöffner unter der Haut zu tragen.

Gaga? Crazy? Mitnichten. Es ist lächerlich, dies als Spinnerei abzutun. Es ist keine gewagte und spinnerte „Science Fiction“-These, dass der Mensch dazu neigt, Maschinen zu minituarisieren. Näher an sich heranzuholen. Denn nichts ist bequemer als eine Maschine, die man weder einschalten, hochheben, halten, bedienen muss, die einfach da und embedded ist. Den erheblichen Vorteil von Maschinen haben wir generell erlernt (Kraft, Ausdauer, Stabilität, Effizienz bei der Verarbeitung natürlicher Ressourcen plus Überwindung menschlicher Grenzen und Sinne), ebenso die Vorteile der Verkleinerung (weniger Raum, Energie, mehr Beweglichkeit und Anpassbarkeit an umgebende Verhältnisse). Dieses Prinzip der maschinellen Erweiterung unserer biologischen Fähigkeiten wird uns als ein evolutionäres Schlüsselelement Jahrhunderte begleiten, so wie es uns in den letzten Jahrhunderten in einem ungeahnten Ausmaß vorangebracht hat. Was einst „out of body“ geschah, wird sich „in the body“ fortsetzen. Für mich ist das nicht einmal ansatzweise eine Frage des Ob, sondern rein des Wann.

Hinzukommen Strömungen aus völlig anderen Bereichen, die aber wesentlich sind, damit der Mensch 2.0 entstehen kann. Im Zentrum dessen steht die Hirnforschung (empfehle dazu die Spiegel-Ausgabe 49/13, „Das Superhirn“), denn ohne ein sensorisches Verarbeitungszentrum machen die möglichen, technisches Erweiterungen keinen Sinn. Wenn wir zu verstehen lernen, wie wir Signale an das Gehirn senden und passende Kommandos zurückgeben können, gibt es keinen Grund, warum nicht eines Tages im Aldi das bessere Auge im Angebot ausliegen sollte. Bis zum Erinnerungschip und schnelleren Analysechips sind wir ein weiteres Stück entfernt.

Ein weiteres, wesentliches Element ist das ominöse Internet of Things, das sich immer mehr zu einem Hype verdichtet (ein guter Einstieg in dieses Thema). Es geht hierbei um nichts anderes, als die sensorische Kompletterfassung der realen Welt und den daraus resultierenden Interaktionsmöglichkeiten unabhängig eines Eingabegerätes (heutige Vorstellungen gehen davon aus, dass wir ein Smartphone brauchen, was natürlich auf Dauer barer Unsinn ist, ein externes Gerät zu nutzen). Das wird einen idealen Nährboden darstellen, um den Mensch 2.0 voranzutreiben, der nicht nur um die Ecke sehen kann, sondern zu jeder Zeit an jedem Ort über alle wichtigen Umgebungsinformationen verfügt. Beides ergänzt sich hervorragend: Eingebaute Körpermaschinen zusammen mit umgebenden Maschinensensoriken und ausgelagerten Denkstellen, die eine Art Intelligenz aufzeigen (say „big data“-Analyse). Wer dachte, das Internet of Things würde sich nur auf Dinge beschränken, liegt falsch. Dinge mit Dinge zu vernetzen ist schön, aber unlogisch, denn ohne das Element Mensch bleibt es wertlos. Es wird natürlich ein Internet of Human & Things. Und das nur mal so am Rande: Wir begehen diesen Weg nicht eines fernen Tages, wir haben ihn doch schon längst beschritten. Denkt mal an Simples wie Verkehrssteuerung (nie gefragt, warum die Tempoanzeigen auf Autobahnen wechseln), Navigationssysteme (Umleitungsempfehlungen sind ausgelagerte Intelligenzen basierend auf menschlichen Verhaltensweisen im Bereich Ursache und Wirkung zugleich), Logistik und Bestellwesen (darfs denn die Farbe „blau“ oder „rot“ sein.. was nicht zufällig sekundengenau vorausberechnet und geliefert werden kann).

Doch all das ist nur rein technologische Entwicklung. Dieses Jahrhundert wird das letzte Jahrhundert des Menschen wie wir ihn zufallsgesteuert biologisch kennen. Dem schwachen Menschen, der bei jeglicher Verletzung schnell stirbt. Der nur langsam Wissen speichert, ewig lange für Sprachen braucht, nicht mal ansatzweise gut rechnen kann, ab 100-200 Metern kaum noch etwas im Detail erkennt. All das und noch viel mehr Grenzen werden fallen, es wird endlich vorbei sein mit diesen Hindernissen. Wir verlassen das Bioreservat Mensch 1.

Die großen Herausforderungen werden nicht technischer Natur sein. Das ist seit jeher eine simple Frage von Versuch und Irrtum, Lernen und Vorangehen. Ob es nun wenige Jahrhunderte von Pferd zu Auto brauchte oder von Abakus zum Computer. Es waren nicht so viele Iterationen an Menschgenerationen nötig wie man vermuten mag. 40 pro Jahrtausend. Eigentlich nichts.

Nein, die Frage ist nicht die Frage der Schnelligkeit, sondern wie sich der Mensch 2.0 auswirkt, nämlich auf das Zusammenleben. Auf dem Barcamp waren wir uns einig, dass es im Grunde alle Bereiche des sozialen Lebens betrifft. Politik, Wissenschaft, Rechtswesen, Moralvorstellungen, Kinder, Alte, Männer, Frauen, Wohlhabende und Arme, Militär, Arbeit und Schule.

Wir können zwar projizieren, dass wir in diesem Jahrhundert eine gute Chance auf eine neue Art Mensch haben. Aber wir können unmöglich voraussagen, wie sich das soziale Gefüge verändern wird. Herkömmliche Vorstellungen politischer Steuerungssysteme bringen uns da nicht besonders weit. Ebensowenig Traditionen und Bräuche, die auf unseren jetzigen Fähigkeiten basieren. es wird mit ziemlicher Sicherheit ein aufregendes, ereignisreiches, ebenso gefährliches Zeitalter anbrechen. Denn wenn wir eins wissen, dann mag Mensch Veränderung nicht sonderlich, wenn es um seine ureigenen Belange geht, wie er lebt und wie er anders denken soll.

Blogger seit 2003. Technikaffin, neugierig, am technischen Wandel der Zeit interessiert, Anhänger und Skeptiker des Fortschrittsglaubens. Track Record meiner ex-Blogs: MEX-Blog 2003-2005 (Wirtschaftsblog), WoW-Blog 2005-2009 (Gamingblog), 321Blog 2007 (eBay), BasicThinking 2003-2009 (Tech&Startups). Aktive Blogs: RobertBasic.de seit 2009 und Buzzriders.com seit 2011.

Facebook Twitter LinkedIn Google+ Flickr YouTube