Google hat ein nett gemachtes PR Video machen lassen: Ein nahezu blinder – als „Self-Driving Car User #0000000001“ bezeichnete – Fahrer namens Steve Mahan drehte seine Runde zum Taco Bell und holte seine Wäsche ab.
Das Video soll zeigen, dass sich ein Wagen heute nicht nur im Straßenverkehr sicher bewegen, sondern sogar auf Parkplätze abbiegen und anhalten kann (welch ein glücklicher Umstand:).
Wie man sieht, schaut das sehr beschaulich aus. Es geht aber auch ein bisschen schneller, mit quietschenden Reifen und aufsetzenden Chassis:
Ich werde in einem anderen Artikel auf die Technologie eingehen, die natürlich nicht nur Firmen wie Google einsetzen. So durfte ich eine nicht minder moderne Gerätschaft der Bundeswehr auf einer Messe bestaunen. Es war erstaunlich, wie schnell und wie gut die verschiedenen Sensoren die umgebende Landschaft, Objekte, Hindernisse (inklusive Gebäuden und dem Inneren von Gebäuden) erfassen konnten. Aber wie gesagt, dazu mehr ein anderes Mal. Wenn es Euch interessiert, könnt Ihr Euch zu Googles Projekt einen Hintergrundbericht in der NY Times durchlesen: Google Cars Drive Themselves, in Traffic (danke für den Link, Sebastian Bauer).
Bedeutung für die Autodindustrie: Kein Interesse an selbstfahrenden Produkten
Lassen wir unseren (?) Traum vom selbstfahrenden Auto links liegen und fragen uns, warum die Autoindustrie nicht derartige Projekte – und sei es als Zukunftsprojekte – vorstellt und ähnlich wie Google die PR-Trommel rührt? Die Antwort liegt auf der Hand: Es ist nicht deren Business, automatische Fahrgastzellen zu produzieren, die als Stück Blech den Fahrgast von A nach B bringen. Wo bleibt das Traumauto? Mein Auto? Mein Auto, das ich geil finde, das mich darstellt, in dem ich mich wie in meinem verlängerten Wohnzimmer wohl fühle, weil es eben meins ist? Die Autoindustrie lebt vom Traum der Mobilität und des Besitzes.
Und nicht von einem beliebigen Stück Transportprodukt. Sobald eine Maschine für mich alles erledigt, wird die Maschine unspannend. Und das, worum es geht, steht auf einmal im Vordergrund. Die komplette Haltung des Konsumenten zum PKW und zur Mobilität würde sich verändern. Und der Traumwagen wird über Nacht von dem Wertmaßstab aus gesehen zu einem x-beliebigen Produkt, das von mir wegen auch im größeren Aldi-Regal stehen kann. Es ist wie Bahnfahren. Wisst Ihr denn überhaupt, in welchem Zugmodell Ihr sitzt? Nicht? Aber Ihr kennt Euer Automodell? Zufall oder kein Zufall? Das möchte jedoch die Autoindustrie nicht, dass Kunden nicht wissen wollen, mit was sie wie von A nach B kommen. Um ihre Margen zu sichern, die Wertigkeit und Sehnsucht nach einem Auto zu erhalten. Es soll noch schön lange so bleiben, dass es drauf ankommt, in welcher Maschine man zum Ziel kommt, nicht dass man zum Ziel kommt. Ökonomie war selten Ratio, es ist immer eine komische Sache aus Psychologie.
Aber Moment mal, haben wir nicht bereits Systeme, die für uns automatisch Abstand halten, unabsichtliches Verlassen der Spur melden, für uns im Notfall bremsen, vor Fahrzeugen im toten Winkel warnen, sich melden, wenn wir müde sind und sonstige allerlei Autosysteme? Gut, dass wir sie haben. Sie machen das Fahren bequemer, sicherer und zeitgemäßer. Wie weit wäre es dann, diesen Schritt zu Ende zu denken?
Ausblick
Die Autoindustrie denkt selbstverständlich über diese Zukunften nach. Jedes Milliardenunternehmen muss vorausschauend agieren, um seine Existenz zu sichern und die Umsätze zu halten bzw. auszubauen. Die Autoinddustrie wird aber einen Teufel tun und diese Möglichkeit des automatisch fahrenden Autos ins Zentrum stellen. Sie werden es – und das ist sicher – nicht forcieren. Es wird ein Produktbestandteil sein, nicht das Produkt „beliebig fahrendes Transportbewegungsmittel, um von A nach B zu kommen“. Es werden Stück für Stück weitere Automatik-Systeme eingebaut. Bis wir eines Tages sicher und „bug free“ mit geschlossenen Augen fahren können. Aber das wird smarterweise nur langsam eingeführt.
Um dem Konsumenten weiterhin das Bild zu vermitteln und zu erhalten, das Auto sei wichtiger als die sichere, effiziente und schnelle Überbrückung von A nach B. Ich kann beide Sichtweisen gut nachvollziehen. Ich befürchte nur, meine Enkelkinder werden mich nicht verstehen, wenn ich ihnen mit glänzenden Augen von hochindividuellen Transportmitteln erzähle, die es zu meiner Zeit gab. Sie werden mich schlichtweg nicht verstehen. Times are changing. Die Autodindustrie wird gigantisch bleiben und sogar wachsen, sie wird sich eben anders nennen. Mobilitätsprovider. Das Business wird eines Tages nicht mehr so romantisch anmutend wie heute sein.