Nach dem Tourismus Zukunft-Workshop habe ich TUI befragt, wie es mit unseren Reisen in Zukunft aussieht, wo die Herausforderungen liegen, wie sich die Nr. 1 für die digitale Zukunft wappnet und wo man sich jetzt befindet. Hierzu hat sich Mario Köpers (s.u. Beschreibung zu seiner Person) bereit erklärt, uns Einblicke in den Tourismuskonzern zu geben.
Ich denke, es dürfte nicht nur für Touristiker sehr spannend sein, sondern auch für uns Kunden, wie uns die Tourismus-Wirtschaft – hier die Nr. 1 Europas – das Reisen weiterhin umso schmackhafter machen möchte.
Einige Auszüge aus dem Gespräch vorab, um Euch zu verführen, das ganze Gespräch zu lesen ;)
…Terroranschläge, Bürgerkriege wie zuletzt in Nordafrika, Streiks, Finanzkrise und natürlich Naturkatastrophen wie etwa Vulkanausbrüche und Überschwemmungen…
…Was uns zunehmend zu schaffen macht, sind die Überkapazitäten im Markt und die wachsende Preistransparenz…
…Immer mehr Urlauber sind auf der Suche nach maßgeschneiderten Angeboten, die passgenau ihre Bedürfnisse befriedigen…
…Research online, purchase offline…
Social Media…Anderseits ist es alles andere als trivial, ein prozessoptimiertes Unternehmen social zu machen…
…Bis vor kurzem haben wir Bilder und Texte ausschließlich für Kataloge produziert. Erst jetzt fangen wir an, die gesamte Produktionslogik umzustellen, um auch im Internet zur Nr. 1 zu werden…
…Die TUI beispielsweise ist für mich ohne Frage bei der Produktqualität die klare Nr. 1. Wir sind auch stark im Reisebürovertrieb, haben aber in der digitalen Welt noch deutlich Nachholbedarf…
Und nun zum ganzen Gespräch
1. Stell Dich bitte kurz vor:
Mein Name ist Mario Köpers. Ich bin bei der TUI Deutschland verantwortlich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, interne Kommunikation und seit wenigen Monaten auch für Social Media.
2. Durch was ist die Entwicklung der Wirtschaftslage von Anbietern wie der TUI in den letzten Jahren dauerhaft bestimmt? Preiswettbewerb? Margendruck? Globale Unsicherheiten? Abnahme des Katalog- und Reisebürogeschäfts?
Was uns grundsätzlich zuversichtlich stimmt, ist die Tatsache, dass die Tourismusbranche eine Wachstumsindustrie ist. Das World Tourism Barometer sagt für 2012 erneut einen weltweiten Zuwachs voraus und auch in unserem größten Markt Deutschland legen wir aktuell kräftig zu. Allerdings war und ist unsere Branche immer wieder von exogenen Faktoren beeinflusst: etwa durch Terroranschläge, Bürgerkriege wie zuletzt in Nordafrika, Streiks, Finanzkrise und natürlich Naturkatastrophen wie etwa Vulkanausbrüche und Überschwemmungen. Die Folge sind stets extreme Nachfrageschwankungen, die wir aber durch ein sehr flexibles Kapazitätsmanagement in Teilen auffangen können.
Was uns zunehmend zu schaffen macht, sind die Überkapazitäten im Markt und die wachsende Preistransparenz. Der technologische Fortschritt und das Überangebot an Hotels und Flugsitzen macht es heute neuen Anbietern leicht, einen schnellen Marktzugang zu finden. Sie bieten zwar keinen besonderen Service, können aber ihre aus Datenbanken zusammengebastelten Reisen aufgrund niedriger Kostenstrukturen extrem günstig auf den Markt werfen.
Preisvergleichssysteme im Internet wie auch im Reisebüro fördern die Preisunterschiede zu TUI & Co schnell zu Tage, ohne allerdings auf Unterschiede bei Service und Leistungen hinzuweisen. Preissensible Kunden lassen sich davon schnell verführen.
Last not least muss man sagen, dass sich auch die Ansprüche und Buchungsgewohnheiten der Kunden gewandelt haben. Immer mehr Urlauber sind auf der Suche nach maßgeschneiderten Angeboten, die passgenau ihre Bedürfnisse befriedigen. Und immer mehr tummeln sich bei Reiseplanung und –buchung im Internet, sei es auf Reiseportalen oder auch in sozialen Netzwerken.
3. Was sind die Antworten von TUI darauf? Werdet Ihr mehr in digitale Kanäle investieren müssen? Was davon kann man bereits heute sehen?
Unter dem Markendach der TUI verstärken wir deutlich unsere Aktivitäten in differenzierte Reisekonzepte und entziehen uns damit dem direkten Preisvergleich. Wir setzen hier zunehmend auf Qualität und Individualität. Beispiele wie unsere Konzepte Sensimar, Viverde oder Puravida sind erst der Anfang. Wir werden weiter in den Aufbau von Reisewelten investieren, um so einzigartige Urlaubserlebnisse zu designen. Als voll integrierter Konzern können wir auf alle Wertschöpfungsstufen der Reise einwirken, um die Erlebnisse optimal für unsere Gäste zu gestalten.
Dort wo uns die Billigkonkurrenz zusetzt, muss man nach anderen Spielregeln agieren. Ohne großen Personaleinsatz und mit modernster Buchungstechnik. Im preisagressiven Segment sind wir hier mit Discount Travel und 1-2-Fly sehr erfolgreich unterwegs.
Research online, purchase offline. Der Relaunch unseres Online-Portals TUI.com ist unsere Antwort auf diese Entwicklung. Mit einer Experten-Community bestehend aus Reisebüro-Fachleuten und Insidern aus den Destinationen bieten wir unseren Kunden hier einen echten und einzigartigen Mehrwert: die Vorteile der Online-Suche und -Inspiration kombiniert mit dem Beratungs-Know-how unserer Community.
Neben dem reinen Web-Auftritt sind wir auch in neuen mobilen Kanälen mit eigenen Hotel-Apps, einem mobilen Reiseführer und in Kürze auch mit einer Buchungs-App vertreten. Zudem verbinden wir in den neuen Katalogen die Offline- mit der Online-Vermarktung. Natürlich ist beispielsweise der Einsatz von QR-Codes nicht der Weisheit letzter Schluss, aber wir lernen viel über Nutzerverhalten und beziehen wertvolles Feedback, das wir für Weiterentwicklungen verwenden.
Im Hintergrund läuft natürlich auch viel, was aber nicht so sichtbar ist: So investieren wir etwa viele Ressourcen in die Optimierung und Weiterentwicklung unserer Buchungs- und Websysteme. Diese Verbesserungen spüren insbesondere unsere Geschäftspartner.
4. Wie aktiv gestaltet Ihr die Social Media Landschaft mit, oder geht das an Euch noch vorbei? Auf Facebook beispielsweise habt Ihr recht wenige Fans/Liker finde ich.
Wir beschäftigen uns erst seit anderthalb Jahren mit diesem Thema. Die Anzahl der Fans auf Facebook ist mit rund 73.000 noch überschaubar, allerdings liegt die Interaktionsrate deutlich über dem Durchschnitt. Es wäre für uns ein leichtes die Anzahl der Follower durch Online-Werbung zügig auszubauen, wichtiger ist uns momentan aber, Erfahrungen im Dialog mit dem Kunden zu sammeln und die Viralitätsquote weiter zu verbessern.
Für uns als großes Unternehmen ist Social Media eine sehr große, allerdings auch spannende Herausforderung. Einerseits ist die Auseinandersetzung damit eine Riesenchance, denn es ist eine außergewöhnliche Gelegenheit, direkt mit Kunden in Kontakt zu kommen. Hier trifft die Expertise eines Konzerns unmittelbar auf die Nachfrage.
Anderseits ist es alles andere als trivial, ein prozessoptimiertes Unternehmen social zu machen. Unser noch kleines Social Media Team läuft auf Hochtouren, um die richtigen Themen festzulegen, interne Prozesse, zum Beispiel für Posts, Kommentare oder Reklamationsbearbeitungen festzuzurren.
5. Was mir schon immer auffiel, dass die touristische Branche nach wie vor auf SEO setzt. Warum denkst Du, verbreiten sich touristische Inhalte nicht „wie von selbst“ durch die Hand der vielen User im Netz, obwohl es doch eigentlich das schönste Thema per se ist? Habt Ihr nicht genügend beachtet, wie man Inhalte zum Sharen zur Verfügung stellt und paketiert? So was wie eine Art „Traum-Plattform“?
Das Problem ist nicht der Inhalt, denn für Reisen interessiert sich in der Tat fast jeder. Das Problem ist vielmehr die Vielfalt des Angebotes sowie der Anbieter. Es gibt Millionen und Abermillionen Reiseangebote im Web und alleine in Deutschland an die tausend Reiseveranstalter.
Wir müssen uns aus dieser Menge abheben und dem Kunden klar machen, dass es viel besser ist, bei der TUI zu buchen, als beim Wettbewerb oder gar direkt beim Hotelier. Ein Weg ist hier sicherlich, dass wir unseren Content so professionell und attraktiv wie möglich ins Internet stellen. Bis vor kurzem haben wir Bilder und Texte ausschließlich für Kataloge produziert.
Erst jetzt fangen wir an, die gesamte Produktionslogik umzustellen, um auch im Internet zur Nr. 1 zu werden. Das braucht noch etwas Zeit, aber wir sind auf einem guten Weg.
6. Kannst Du uns abschließend ein Beispiel aus dem touristischen Bereich nennen, von dem Du denkst, dass es die Zukunft darstellt?
Nein, das eine Erfolgsmodell kann ich zurzeit nicht erkennen, weil kein Anbieter in allen Bereichen gleichermaßen stark ist. Die TUI beispielsweise ist für mich ohne Frage bei der Produktqualität die klare Nr. 1. Wir sind auch stark im Reisebürovertrieb, haben aber in der digitalen Welt noch deutlich Nachholbedarf.
Andere, insbesondere junge Anbieter machen mit kreativen Ideen vor allem im Web auf sich aufmerksam – hier gefällt mir etwa mytaxi sehr gut –, haben aber in anderen Bereichen noch erheblichen Nachholbedarf. Ich glaube in den nächsten fünf Jahren wird sich im Tourismusmarkt noch Einiges zurechtrütteln.
Viele neue Anbieter werden wieder verschwinden und vielleicht auch so manch etablierter Veranstalter. Fest steht jedenfalls, dass langfristig nur der erfolgreich sein wird, der auch in der digitalen Welt den Ton angibt. Und daran arbeiten wir ganz massiv.
Fotoquelle: Flickr, von Ginger Me, Lizentyp CC BY-NC-ND 2.0